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Analyse

“Wässrige” Seidenstraße

Am 23.03.2021 läuft ein rund 400 m langes und 224.000 Tonnen schweres Containerschiff im Suezkanal auf Grund und blockiert den wichtigsten Transportdurchgang der Welt. Der Suezkanal ist eine der wichtigsten Frachtwasserstraßen der Welt und verbindet das Rote Meer mit dem Mittelmeer. Durch diesen künstlich angelegten Kanal verläuft jährlich rund 12% des gesamten Welthandels auf Wasser. Das Containerschiff “Ever Given” hatte als Ziel den Rotterdamer Hafen und fuhr aus China los. Es gehört dem japanischen Unternehmen namens Shoei Kisen Kaisha Ltd. und wird vom taiwanesischen Transportunternehmen Evergreen Marine Corp. betrieben.

Soweit die Eckdaten. Für die offizielle Ursache des Steckenbleibens ist angeblich ein “starker Windstoß” verantwortlich, der zum Kontrollverlust über den Rumpf des Schiffes geführt hat. Also halten wir nochmal alle Punkte fest: ein Containerschiff, 400 m lang, 59 m breit, 210.000 T schwer, bleibt genau in dem ca. 30 km langen Abschnitt des Kanals fest wo keine parallele Durchfahrt vorhanden ist und blockiert hinter und vor sich hunderte Frachtschiffe die den Welthandel im Gang halten. Wir müssen wissen, dass dieser seit 1869 betriebener Kanal im Jahre 2009 in nördliche und südliche Zufahrtskanäle eingeteilt wurde. Die gesamte Länge beträgt heute 193 km und das Interessante dabei ist, dass der Suezkanal eben an einigen Abschnitten seiner nördlichen und südlichen Zufahrtskanäle einen einzigen Durchgang ohne Parallelstraßen besitzt. Die südliche Zufahrt ist mit ihrer rund 30 km langen Strecke und die nördliche Zufahrt mit ca. 40 km langen Strecke ohne parallele Durchgänge gebaut. Das heißt an diesen Abschnitten kann lediglich ein einziger riesiger Frachter durch und der Rest bleibt erst einmal stehen. Und seit dem 23.03.21 ist auch alles stehen geblieben, denn das Schiff ist exakt an dem 30 km-Abschnitt des südlichen Zufahrtskanals auf Grund gelaufen.

Frischer Seidenkokon aus Peking

Die wichtigste Frage ist hier; cui bono? Wem nützt dieser Vorgang/Zufall?

Nun die Sache ist, dass alle Wassertransporte aus Ostasien und somit China nach Europa mit einer Strecke von rund 21.000 km sowie rund 30% aller Transporte weltweit durch diesen Kanal verlaufen. Die Sache ist auch, dass wie wir es bereits kennen, die gesamte chinesische “Beld-and-road-Geschichte” sich punktgenau durch diesen Kanal entlangzieht. Der globale jährliche durchschnittliche Warentransport beläuft sich nach ägyptischen Zoll-Behörden auf fast 1 Milliarde Tonnen. Täglich durchqueren den Kanal im Durchschnitt 50 Riesenfrachter. 10% des gesamten Ölhandels verläuft auch durch diesen Weg. Und.. Und.. Und..

Suezkanal

Ist der Weg versperrt, bekommen die Nutzer oder Verbraucher ihre Güter nicht rechtzeitig geliefert und die Unternehmen oder Fabriken nicht ihre Gegenleistung für die produzierten und exportieren Güter. Besser gesagt; ist der Weg versperrt, bekommen die Chinesen Probleme mit ihren Transporten und somit ihrer Wirtschaft. Ein weiterer Weg wäre den afrikanischen Kontinent zu umfahren, was eine Verspätung von noch weiteren zwei Wochen bedeuten würde. Zudem würden sich die Piraten vor den Küsten des ost- und westafrikanischen Festlandes erneute “Geburtstage” feiern. Ein weiteres Problem, welches diesem Vorfall hervorgeht, betrifft die generellen Transporte auf Wasser. Diese machen gut 86% des gesamten globalen Welthandels aus. Dadurch ist nicht nur der Öl- und Gastanker nach Hamburg, sondern auch Lebensmittel, Masken, Toilettenpapier oder auch Herzschrittmacher betroffen. In der Tat wird dieses Ereignis die chinesische Außenpolitik mit anderen Gedanken aufrüsten und China wird sich für Alternativen mobilisieren. Die Belt-and-road-Initiative wird modifiziert und dieser werden weitere Seewege zugeschaltet. Bekanntlich spielt Peking seit der Entstehung dieses Konzeptes mit den Gedanken die Transporte nach Europa auch über die sog. “Nordostpassage” (Northern Sea Route) zu führen. Sie verläuft entlang der russischen Arktisküste von der Karasee bis zur Beringstraße und würde den 24.000 km langen Wasserweg aus China nach Europa durch den Suezkanal auf 12.000 km und die Dauer der Reise von 30 Tagen auf 20 Tage reduzieren. Das Vorhaben konnte jedoch bis heute auf Grund der massiven Eisblöcke in der Arktis nicht umgesetzt werden. Und hier kommt der Klimawandel ins Spiel. Dramatisch ist er, denn das Eis schmilzt, Faunen und Floren sterben aus, der Wasserspiegel des Planeten steigt an und der Planet kann schlecht atmen, keine Frage! Aber der Klimawandel hat auch unter anderem den Vorteil, dass der globale Wirtschaftshandel nicht stehen bleibt und der Wasserweg aus China die EU erreicht. Wie richtig es sei oder wie es in der Abwägung aussieht den Klimawandel für den Handel auf See zu opfern, überlassen wir den Klimaforschern und Politikern, aber nötig sei die Nordostpassage und wird auch die Zukunft unseres Welthandels gestalten. Denn ob dieser Ever Given-Vorfall eine “Warnung” gegen die chinesische Außenpolitik war oder selbst aus chinesischen eigenen Reihen inszeniert sei, um die Nordostpassage und weitere Landstraßen durch Eurasien zu verwirklichen oder der Broker Uli aus Kiel seine Ölaktien retten wollte und den Pharao in seinem Traum um einen Gefallen bat, spielt keine Rolle für die endgültige Reife der Modernisierung des Welthandels in Bezug auf ihre Transportmöglichkeiten zwischen den Kontinenten.

Mögen doch die Pyramiden von Gizeh den Kapitän beim nächsten Mal erleuchten, damit er keine Drift mit nur einem Rumpfantrieb zu Tage legt.

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